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den 87 Patienten ohne Einführung in Druck und Dehnung erfolgen. Ab dem das Hochziehen des Körpers um aufzu-
das Präventionsprogramm rekrutiert, sechsten bis zum 21. postoperativem stehen) zu nennen. Bezugnehmend
28 % der Patienten entwickelten eine Tag, der Proliferationsphase, sollen auf die Studie von Thompson und Trai-
parastomale Hernie. Im zweiten Jahr parallele Bewegungen, wie Sit-ups, nor„Parastomal hernia: incidence, pre-
wurden weitere 114 Patienten rekru- starke Dehnungen und Streckungen vention and treatment strategies“ sind
tiert, von denen entwickelten 14 % vermieden werden. Währen der Konso- folgende Punkte zur körperlichen Akti-
eine parastomale Hernien, diese Pati- lidierungsphase, bis zum 60. postope- vität nachweislich für die Prävention
enten waren über das Präventionspro- rativen Tag, ist die Belastbarkeit des einer PSH gesichert:„Jederzeit eine
gramm aufgeklärt worden. Im dritten Gewebes deutlich erhöht. Eine voll- gute Körperhaltung einnehmen und
Jahr wurden weitere 99 Patienten in ständige Ausheilung ist bis zum 360. gezielte Übungen zur Bauch- und
das Präventionsprogramm rekrutiert Tag, der Umbauphase, erreicht. Das Rumpfstabilisierung bereits bei der
und 17 % entwickelten eine parasto- zelluläre Gewebe hat sich zu einem Entlassung durchführen, wenn die
male Hernie, jedoch gaben 7 % dieser normalen kollagenen Bindegewebe Wunde vollständig verheilt ist.“
Gruppe zu, sich nicht an das Programm umgebaut. Je nach Wohl befinden,
gehalten zu haben… Die Gesamtinzi- Anamnese und klinischem Verlauf 4. Bewegungsabläufe zur
denz der parastomalen Hernie im Jahr kann sich der Patient vollständig Entlastung der Bauchwand
1 betrug 28 % (24/87), was in etwa der belasten. und Minderung des intra-
in der Literatur berichteten Inzidenz abdominellen Druckes
entspricht. Im Jahr 2, nach der Einfüh- 3.4. Stufenweise Mobilisation
rung des Programms, war die Inzidenz nach einer Stomaanlage Der intraabdominelle Druck soll so ge-
auf 14 % (16/114) gesunken.“ ring wie möglich gehalten werden, um
Durch Bewegung kann das physische die Bauchwand und den unteren
3.2. Mobilisation und Bewegung und psychische Wohlbefinden, das Bauchraum nicht so stark zu beanspru-
in Bezug auf die Prävention Selbstvertrauen in den eigenen Körper chen. Unterstützend sind hierbei das
der PSH und die Rehabilitation verbessert wer- kontrollierte Aufstehen und Hinlegen
den. Dies fördert die Genesung aus dem Bett, sowie der Positions-
In der Studie von Thomson und Trainor positiv und kann die Einstellung zum wechsel aus dem Sitzen, das Niesen
wird die kontinuierliche gezielte Aus- Stoma und das Leben mit einem Sto- und Husten. Diese alltäglichen Bewe-
übung von Bauch- und Rumpfmuskel- ma positiv unterstützen. Bei aller gungen sollen direkt postoperativ wie
stabilisierung empfohlen. Gestärkte Bewegung soll das Gleichgewicht zwi- beschrieben ausgeführt und beibehal-
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Bauchmuskeln können dem Missver- schen Ruhephasen und körperlicher ten werden.
hältnis zwischen Druckbelastung und Aktivität gut eingehalten werden.
Stabilität der Bauchwand entgegen- Jeder Patient soll nach seinen körperli-
halten. Die Mobilisation der Patienten chen Möglichkeiten die eigene Mobili- 4.1. Das Aufstehen und
nach abdominellen Eingriffen soll an- sation beginnen und allmählich konti- Hinlegen aus dem Bett
fangs auch den Fokus auf die Entlas- nuierlich steigern. Der Beginn ist
tung der Bauchdecke haben. Stoma- immer individuell zu gestalten. Prinzi- Das Aufstehen und Hinlegen aus dem
träger belasten durch die Erhöhung piell kann die Mobilisation nach der Bett soll kaudale Schubkräfte und das
des Bauchinnnendrucks (z. B. Husten, Operation sofort beginnen. Um Fehl- Atempressen vermeiden. Weiter soll
Niesen, schweres Heben, Sit up-Übun- belastungen der Bauchmuskulatur zu es vor Überbelastung der Bauchde-
gen, Verwendung von Bettgalgen) die vermeiden, soll die Anleitung durch cke, des Beckenbodens und der Wir-
frisch operierte Bauchdecke und die Physiotherapeuten, geschultes Fach- belsäule schützen. Das Aufstehen aus
Durchtrittspforte des Stomas. Die Mo- personal wie Stomatherapeuten und dem Bett wird für den Patienten die
bilisation muss schrittweise und unter Pflegefachkräften erfolgen. In den erste bewusste aktive Mobilisation
Beachtung der Wundheilungsphasen ersten Wochen nach der Stomaanlage nach der Operation sein. Daher ist es
erfolgen. sind gezielte Bewegungsschemen zu äußerst wichtig, dass die Anleitung
beachten. Dazu zählen bauchdecken- und Unterstützung durch geschultes
3.3. Wundphasengerechte schonende Bewegung, geeignetes Personal (Physiotherapeuten, Stoma-
Mobilisation sanftes Rumpf- und Bauchmuskeltrai- therapeuten, Pflegefachkräfte)
ning, Beweglichkeits-, Gleichgewichts- erfolgt.
Die Wundheilungsphasen werden in und Koordinationsübungen. Eine Fehl-
drei Phasen eingeteilt. Die Entzün- belastung und Überlastung der Bauch-
dungsphase mit vaskulärer und zellu- gegend kann durch schweres Heben
lärer Phase, die Proliferationsphase und Tragen, durch Stoß- Dreh- und
und die Umbauphase mit Konsolidie- Ziehbewegungen und durch ausge-
rungs- und Reifungsphase. Es ist wich- prägte Sit-up-Übungen aus dem Lie-
tig das verletzte und regenerierende gen heraus ausgelöst werden.
Gewebe, während aller Phasen ange- Als Beispiele sind hier das Tragen und
passt zu belasten und entlasten. Wäh- Bewegen von schweren Gegenstän-
rend der Entzündungsphase, welche den von mehr als fünf Kilogramm , ab-
ca. bis zum fünften postoperativen Tag rupte Stoß- und Drehbewegungen vor
geht, soll auf die Wunde wenig Zug, allem des Rumpfes (z. B. Staubsaugen, Abb.1 (Foto: K. Affa)
Das Thema Nr. 89 · 08/2022 19