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bar, gegebenenfalls müssen weitere   vor Inanspruchnahme der Leistung zu   Bei der Bedarfsermittlung und Aus-
            Professionen wie Pflegedienste und   beraten, welche Hilfsmittel und zusätzli-  wahl sind insbesondere Stomaart,
            Andere organisiert werden. Versor-  chen Leistungen nach § 33 Absatz 1   Hautbeschaffenheit, berufliche/priva-
            gungslücken im ambulanten Setting   Satz 1 und 4 für die konkrete Versor-  te Tätigkeiten und Kleidungsgewohn-
            und Drehtüreffekte können so ver-  gungssituation im Einzelfall geeignet   heiten der versicherten Personen,
            mieden werden. Ziel ist es, dass sich   und notwendig sind. Die Leistungser-  sowie das Zusammenspiel mit ande-
            die Betroffenen nach dem Aufenthalt   bringer haben die Beratung nach Satz 1   ren Hilfsmitteln, zu beachten (GKV -
            in der Klinik selbständig versorgen   schriftlich zu dokumentieren und sich   Spitzenverband, 2022).
            und selbstbestimmt leben können    durch Unterschrift der Versicherten be-  Eine engmaschige Beratung in den
            (Gruber/Droste, 2010, S. 63 - 64).  stätigen zu lassen. […] Im Falle des § 33   ersten 3 - 6 Monaten bis zu einem
                                               Absatz 1 Satz 6 sind die Versicherten vor   Jahr postoperativ ist durch Nachver-
              Hilfsmittelversorgung nach       der Wahl der Hilfsmittel oder zusätzli-  sorgende sicherzustellen. Individuell
              Entlassung                       cher Leistungen auch über die von ih-  und bedarfsgerecht werden Folgeter-
                                               nen zu tragenden Mehrkosten zu infor-  mine vereinbart. Inhaltlich spielt nicht
            Damit die Betroffenen im häuslichen   mieren. […]" (Bundesministerium der   nur der fachgerechte Versorgungs-
            Umfeld ihr Ileumconduit bedarfsge-  Justiz, 1988).                    wechsel und die Versorgungsanpas-
            recht versorgen können benötigen                                      sung des Ileum-Conduits eine Rolle,
            diese nahtlos ihre zum Verbrauch     Beratungsleistung durch          vielmehr umfasst die Beratung auch
            bestimmten Hilfsmittel. Seit dem     ‚Nachversorgende‘                Themen des alltäglichen Lebens, wie
            1.10.2017 wird dies verbindlich durch                                 Ernährung und Trinkgewohnheiten,
            den Gesetzgeber im Rahmenvertrag   In der „Bekanntmachung des Spitzen-  Beruf, Hobbys, Reisen, Sport, Sexuali-
            über ein Entlassmanagement beim    verbandes Bund der Krankenkassen   tät, Intimität und viele mehr. Auch
            Übergang in die Versorgung nach    (GKV - Spitzenverband) Fortschrei-  Komplikationen treten bei über der
            Krankenhausbehandlung nach § 39    bung der Produktgruppe 29 "Stoma-  Hälfte der Betroffenen auf. Das Ileum-
            Abs. 1a SGB V geregelt. Danach haben   artikel" des Hilfsmittelverzeichnisses   Conduit verändert sich postoperativ
            Krankenhäuser zur Gewährleistung   nach § 139 SGB V vom 01.04.2022    in Form und Größe. Es kann zu Kom-
            eines reibungslosen Übergangs der   sind Beratungsleistungen klar defi-  plikationen wie zum Beispiel einem
            PatientInnen mit komplexen Versor-  niert. Persönliche Beratung der Versi-  toxisch irritativen Kontaktekzem oder
            gungsbedarf, durch die Anwendung   cherten durch geschultes Fachperso-  Mykosen im parastomalen Bereich
            eines geeigneten Assessments den   nal über die für die jeweilige     kommen, um nur einige zu nennen.
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            individuellen Bedarf für die Weiterver-  Versorgungssituation geeigneten   Ein frühzeitiges Erkennen durch Be-
            sorgung möglichst frühzeitig zu erfas-  und notwendigen Hilfsmittel sind   troffene und PflegeexpertInnen in der
            sen und einen Entlassplan zu erstel-  zu gewährleisten. Bei Bedarf werden   Nachsorge und daraus abzuleitende
            len. Es ist klar definiert, dass bei der   individuelle Beratungsgespräche vor   erforderliche Maßnahmen im Zusam-
            Aufstellung dessen auch die Notwen-  Ort/am Wohnort der Versicherten   menspiel mit weiteren Akteuren des
            digkeit von verordnungsfähigen Hilfs-  durchgeführt. Einzelberatungen im   multiprofessionellen Teams im Rah-
            mitteln zu prüfen ist.             Dienstleisterraum nach § 127 SGB V   men einer ärztlichen Diagnose kön-
            Das Krankenhaus hat rechtzeitig vor   müssen in einem akustisch und op-  nen die Eskalation der Komplikation
            der Entlassung die für die Gewährleis-  tisch getrennten Bereich/Raum statt-  verhindern (Gruber, 2017, S. 119 -
            tung des Entlassplans erforderliche   finden. Über den Anspruch auf eine   120).
            Nachversorgung zu organisieren, die   Betreuung ohne Mehrkosten müssen
            benötigten Leistungserbringer sind   die Versicherten aufgeklärt werden.     Hilfsmittelpauschalen
            zu kontaktieren. Es ist möglich, für ei-  Den Versicherten wird kostenlos eine
            nen Zeitraum von sieben Tagen Hilfs-  angemessene Auswahl an Hilfsmitteln   „Versicherte haben nach § 33 Abs. 1
            mittel von einem Krankenhaus zu    zur Verfügung gestellt, die individuell   Satz 1 SGB V Anspruch auf Versorgung
            rezeptieren, wobei die Richtlinien   auf den Versorgungsfall anwendbar   […] mit Hilfsmitteln, die im Einzelfall
            der Richtgrößen des Gemeinsamen    sind. Dieses Gespräch einschließlich   erforderlich sind, um den Erfolg der
            Bundesausschusses in der jeweils   der mehrkostenfreien Versorgungs-  Krankenbehandlung zu sichern, einer
            gültigen Fassung anzuwenden sind   vorschläge sind in einem Dokument   drohenden Behinderung vorzubeugen
            (§ 39 Abs. 1a SGB V Rahmenvertrag   zu protokollieren, sofern in den Ver-  oder eine Behinderung auszugleichen,
            Entlassmanagement, 2022, S. 4 - 6).   trägen gemäß § 127 SGB V keine Aus-  soweit die Hilfsmittel nicht als allgemei-
            Die Leistungserbringer verpflichten   nahmen für bestimme Versorgungs-  ne Gebrauchsgegenstände des tägli-
            sich nach vertraglicher Regelung zur   fälle geregelt sind. Wenn dennoch   chen Lebens anzusehen oder nach §34
            Versorgung mit zum Verbrauch be-   eine Versorgung mit Mehrkosten nö-  Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind […]“
            stimmten Hilfsmitteln der Versicher-  tig wird, ist diese zu begründen und   (Bundesministerium der Justiz, 1988).
            ten. Art und Umfang können dem-    schriftlich festzuhalten. Es ist eine in-  Die Hilfsmittelversorgung ist als Sach-
            nach ganz unterschiedlich sein,    dividuelle Bedarfserhebung und be-  leistungsprinzip der Versicherten
            geregelt wird dies im Vertrag gemäß   darfsgerechte Auswahl geeigneter   nach §2 Abs. 2 Satz 3 SGB ausgestal-
            § 127 Abs. 2 SGB V über die Versor-  Hilfsmittel unter Berücksichtigung   tet, das bedeutet Versicherte erhalten
            gung mit Stomaartikeln. Des Weiteren   von ärztlicher Verordnung, Indikation/  medizinische Leistungen, ohne selbst
            ist zu beachten, dass „[…] 4a) Die Leis-  Diagnose und Versorgungszielen   in Vorleistung treten zu müssen.
            tungserbringer haben die Versicherten   durchzuführen.                Die gesetzlichen Krankenkassen kom-

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            Das Thema                                                                              Nr. 93 · 12/2023  35
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