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Übergewicht als Risikofaktor für



          Darmkrebs bislang unterschätzt





          Gewichtsverlust vor der Diagnose verschleiert Zusammenhänge


          Übergewicht ist ein bekannter Risikofaktor für Darmkrebs. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
          im Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) haben nun nachgewiesen, dass dieser Zusammen-
          hang vermutlich bislang erheblich unterschätzt wurde. Der Grund: Viele Menschen verlieren in den
          Jahren vor einer Darmkrebs-Diagnose unbeabsichtigt an Gewicht. Wird in Studien allein das Körper-

          gewicht zum Zeitpunkt der Diagnose berücksichtigt, so verschleiert dies den tatsächlichen Zusam-
          menhang zwischen Fettleibigkeit und Darmkrebsrisiko.






                                     ©FgSKW
                arüber hinaus zeigt die aktuelle  scherinnen und Forscher um Brenner  schehen, nur auf das bei Studienein-
                Untersuchung, dass unbeab-   die Daten aus der DACHS-Studie aus*.  tritt gemessene Gewicht geschaut,
          Dsichtigter Gewichtsverlust ein    Die fast 12.000 Studienteilnehmer, die  so hätten wir den Zusammenhang
          früher Hinweis auf eine Darmkrebs-  in die aktuelle Auswertung einge-  zwischen Übergewicht und erhöhtem
          erkrankung sein kann.              schlossen waren, hatten zum Diagno-  Darmkrebsrisiko völlig übersehen“,
                                             sezeitpunkt Angaben zu ihrem Kör-  so Marko Mandic, der Erstautor der
          Übergewicht ist ein Risikofaktor für  pergewicht gemacht und darüber  Studie.
          eine ganze Reihe an Krebserkrankun-  hinaus auch ihr Gewicht in den Jahren
          gen. Besonders deutlich ist dieser  ihrer früheren runden Geburtstage  Bei ihren Analysen konnte das Team
          Zusammenhang beispielsweise bei    angegeben.                        um Brenner noch einen weiteren
          Gebärmutterkrebs, Nierenkrebs und                                    Trend aufzeigen: Auffallend viele der
          auch bei Darmkrebs. Nach bisherigen  Anhand des Körpergewichts um den  von Darmkrebs betroffenen Studien-
          Schätzungen haben adipöse Men-     Zeitpunkt der Diagnose ließ sich kein  teilnehmer hatten vor der Diagnose
          schen ein um etwa ein Drittel höheres  Hinweis auf einen Zusammenhang  unbeabsichtigt an Gewicht verloren.
          Risiko, an Darmkrebs zu erkranken, als  zwischen Körpergewicht und Darm-  Ein unbeabsichtigter Gewichtsverlust
          normalgewichtige.                  krebsrisiken festmachen. Ganz anders  von zwei Kilo oder mehr innerhalb
                                             sah es jedoch aus, wenn die Forscher  von zwei Jahren vor der Diagnose
          „Allerdings wurde bei diesen Untersu-  das frühere Körpergewicht der Teil-  (bzw. vor dem Studieneintritt) kam
          chungen bislang nicht berücksichtigt,  nehmer betrachteten: Hier zeigte sich  bei Krebsbetroffenen 7,5 Mal häufiger
          dass viele Betroffene in den Jahren  ein starker Zusammenhang zwischen  vor als bei den Personen aus der Kon-
          vor ihrer Darmkrebsdiagnose an Ge-  Übergewicht und der Wahrscheinlich-  trollgruppe.„In diesem Zeitraum ist
          wicht verlieren“, sagt Hermann Bren-  keit an Darmkrebs zu erkranken, der  der Krebs schon da, aber noch nicht
          ner, Epidemiologe und Präventions-  8 bis 10 Jahre vor der Diagnose am  durch Symptome aufgefallen.
          experte am Deutschen Krebsfor-     stärksten ausgeprägt war.         Hausärzte sollten ihre Patienten daher
          schungszentrum.„Das hat dazu       Studienteilnehmer, die in diesem  regelmäßig nach unbeabsichtigtem
          geführt, dass der Risikobeitrag von  Zeitraum ein hohes Übergewicht –  Gewichtsverlust fragen“, appelliert
          Übergewicht in vielen Studien deut-  als Adipositas** oder Fettleibigkeit  Brenner und fügt hinzu:„Unbeabsich-
          lich unterschätzt worden ist.“     bezeichnet – auf die Waage brachten,  tigter Gewichtsverlust könnte auch
                                             erkrankten doppelt so häufig wie Nor-  ein früher Hinweis auf andere Krebs-
          Um die Größenordnung dieser Verzer-  malgewichtige an Darmkrebs.„Hätten  arten oder andere Erkrankungen sein
          rung einzuschätzen, werteten die For-  wir, wie in vielen früheren Studien ge-  und sollte sorgfältig abgeklärt werden.“


          Presseinformation                           Zurück zum Inhaltsverzeichnis               Nr. 165 · 06/2023  7
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