Page 7 - MagSI InterAktiv 06.2023
P. 7
Übergewicht als Risikofaktor für
Darmkrebs bislang unterschätzt
Gewichtsverlust vor der Diagnose verschleiert Zusammenhänge
Übergewicht ist ein bekannter Risikofaktor für Darmkrebs. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
im Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) haben nun nachgewiesen, dass dieser Zusammen-
hang vermutlich bislang erheblich unterschätzt wurde. Der Grund: Viele Menschen verlieren in den
Jahren vor einer Darmkrebs-Diagnose unbeabsichtigt an Gewicht. Wird in Studien allein das Körper-
gewicht zum Zeitpunkt der Diagnose berücksichtigt, so verschleiert dies den tatsächlichen Zusam-
menhang zwischen Fettleibigkeit und Darmkrebsrisiko.
©FgSKW
arüber hinaus zeigt die aktuelle scherinnen und Forscher um Brenner schehen, nur auf das bei Studienein-
Untersuchung, dass unbeab- die Daten aus der DACHS-Studie aus*. tritt gemessene Gewicht geschaut,
Dsichtigter Gewichtsverlust ein Die fast 12.000 Studienteilnehmer, die so hätten wir den Zusammenhang
früher Hinweis auf eine Darmkrebs- in die aktuelle Auswertung einge- zwischen Übergewicht und erhöhtem
erkrankung sein kann. schlossen waren, hatten zum Diagno- Darmkrebsrisiko völlig übersehen“,
sezeitpunkt Angaben zu ihrem Kör- so Marko Mandic, der Erstautor der
Übergewicht ist ein Risikofaktor für pergewicht gemacht und darüber Studie.
eine ganze Reihe an Krebserkrankun- hinaus auch ihr Gewicht in den Jahren
gen. Besonders deutlich ist dieser ihrer früheren runden Geburtstage Bei ihren Analysen konnte das Team
Zusammenhang beispielsweise bei angegeben. um Brenner noch einen weiteren
Gebärmutterkrebs, Nierenkrebs und Trend aufzeigen: Auffallend viele der
auch bei Darmkrebs. Nach bisherigen Anhand des Körpergewichts um den von Darmkrebs betroffenen Studien-
Schätzungen haben adipöse Men- Zeitpunkt der Diagnose ließ sich kein teilnehmer hatten vor der Diagnose
schen ein um etwa ein Drittel höheres Hinweis auf einen Zusammenhang unbeabsichtigt an Gewicht verloren.
Risiko, an Darmkrebs zu erkranken, als zwischen Körpergewicht und Darm- Ein unbeabsichtigter Gewichtsverlust
normalgewichtige. krebsrisiken festmachen. Ganz anders von zwei Kilo oder mehr innerhalb
sah es jedoch aus, wenn die Forscher von zwei Jahren vor der Diagnose
„Allerdings wurde bei diesen Untersu- das frühere Körpergewicht der Teil- (bzw. vor dem Studieneintritt) kam
chungen bislang nicht berücksichtigt, nehmer betrachteten: Hier zeigte sich bei Krebsbetroffenen 7,5 Mal häufiger
dass viele Betroffene in den Jahren ein starker Zusammenhang zwischen vor als bei den Personen aus der Kon-
vor ihrer Darmkrebsdiagnose an Ge- Übergewicht und der Wahrscheinlich- trollgruppe.„In diesem Zeitraum ist
wicht verlieren“, sagt Hermann Bren- keit an Darmkrebs zu erkranken, der der Krebs schon da, aber noch nicht
ner, Epidemiologe und Präventions- 8 bis 10 Jahre vor der Diagnose am durch Symptome aufgefallen.
experte am Deutschen Krebsfor- stärksten ausgeprägt war. Hausärzte sollten ihre Patienten daher
schungszentrum.„Das hat dazu Studienteilnehmer, die in diesem regelmäßig nach unbeabsichtigtem
geführt, dass der Risikobeitrag von Zeitraum ein hohes Übergewicht – Gewichtsverlust fragen“, appelliert
Übergewicht in vielen Studien deut- als Adipositas** oder Fettleibigkeit Brenner und fügt hinzu:„Unbeabsich-
lich unterschätzt worden ist.“ bezeichnet – auf die Waage brachten, tigter Gewichtsverlust könnte auch
erkrankten doppelt so häufig wie Nor- ein früher Hinweis auf andere Krebs-
Um die Größenordnung dieser Verzer- malgewichtige an Darmkrebs.„Hätten arten oder andere Erkrankungen sein
rung einzuschätzen, werteten die For- wir, wie in vielen früheren Studien ge- und sollte sorgfältig abgeklärt werden.“
Presseinformation Zurück zum Inhaltsverzeichnis Nr. 165 · 06/2023 7