Page 20 - MagSI Magazin Nr. 88_2022
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Bundesländern mit der Erfassung  wesentlich umfangreicheren Daten-  Forschungsbedarf auf. Bei Verdacht
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        von Krebserkrankungen begonnen.   satz, der auch detaillierte Angaben  auf kleinraumige Haufungen von
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        Seit der Neugrundung des Krebsre-  zur Therapie und zum Verlauf der  Krebserkrankungen konnen Krebsre-
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        gisters Baden-Württemberg im Jahr  Erkrankung umfasst.              gister zur Aufklarung – oder zumin-
        2009 ist die Krebsregistrierung in                                   dest zur Versachlichung der Diskussi-
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        Deutschland flachendeckend.       Im Rahmen des Nationalen Krebs-    on – beitragen.
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        Mit der Einfuhrung des ersten orga-  plans wurde aus dieser zunachst re-
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        nisierten Krebsfruherkennungspro-  gionalen Variante ein bundesweiter  Derzeit spiegeln rücklaufige Trends
        gramms in Deutschland (Mammo-     Standard.                          bei raucher- assoziierten Krebsarten
                                                                                           ̈
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        graphie-Screening, je nach Region  Das Krebsfruherkennungs- und -re-  vor allem bei Mannern den seit meh-
        zwischen 2005 und 2009) wurden die  gistergesetz (KFRG) verpflichtet die  reren Jahrzehnten abnehmenden
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        Register außerdem zu einer wesentli-  Lander seit 2013 erstmals dazu, ein-  Tabakkonsum in Deutschland wider.
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        chen Datenquelle fur die Evaluation  heitliche Datensatze zu Therapie und  Zukünftig sollen die Registerdaten
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        von Fruherkennungsmaßnahmen.      Krankheitsverlauf bevolkerungsweit  die Effekte der seit einigen Jahren
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                                          und sektorenubergreifend zu erfas-  empfohlenen Impfung gegen das
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        Parallel zur Ausbreitung der bevolke-  sen. Finanziert wird dies uberwie-  humane Papillomvirus (HPV) zeigen,
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        rungsbezogenen Krebsregister in die  gend von den Krankenkassen.     das bei der Entstehung verschiede-
        Flache hatte sich vor allem in den  In den meisten Bundesländern wur-  ner Krebserkrankungen beider Ge-
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        neuen Bundesländern und in Bayern,  den integrierte klinisch- epidemiolo-  schlechter eine Rolle spielt.
        aber auch an großen Tumorzentren  gische Register geschaffen und auch
        in anderen Bundesländern, eine wei-  in den anderen Regionen werden die  Eine Limitation besteht in der meist
        tere Form entwickelt: die klinischen  Daten gemeinsam genutzt.       langen Latenz zwischen Exposition
        Krebsregister. Der Unterschied be-                                   von Risikofaktoren und Auftreten
        steht im wesentlich in ihrer Funktion.  Aktuelle Aufgaben bevölkerungs-  einer manifesten Krebserkrankung.
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        Die klinischen Register dienen in ers-  bezogener Krebsregister      Daher gehort mittlerweile die Erfas-
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        ter Linie der Qualitatssicherung in                                  sung fortgeschrittener Krebsvorstu-
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        der Versorgung. Sie unterstutzten die  Die klassische Aufgabe des„Zahlens“  fen (in situ-Tumoren) ebenfalls zu
        onkologische Versorgung auch di-  von Neuerkrankungen (Inzidenz) in  den Aufgaben der Krebsregister.
        rekt, beispielsweise durch Bereitstel-  einer Bevölkerung hat nichts an Ak-
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        lung von Daten fruherer Behandlun-  tualitat eingebußt (s. Abb. 2).  Auswertungen zu Tumorstadien sind
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                                     ©FgSKW
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        gen in Tumorkonferenzen.          Regionale und internationale Unter-  vor allem fur die Beurteilung der
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        Die Erfullung dieser Aufgaben erfor-  schiede in der Inzidenz deuten auf  Effekte von Fruhkennungsprogram-
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        dert einen, im Vergleich zur epidemi-  Präventionspotenziale hin, steigende  men von großer Bedeutung, denn
        ologischen Krebsregistrierung,    Trends zeigen epidemiologischen    ein messbares Ziel der Früherken-























        Abb. 2 | Geschätzte Zahl bundesweiter Neuerkrankungen für die häufigsten Krebsarten, nach Geschlecht (2017)
        Gesamtzahl an Krebsneuerkrankungen (ohne nicht-melanotischen Hautkrebs): Frauen 230.050, Männer 259.030

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