Page 27 - MagSI Magazin Nr. 88_2022
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auch die Notaufnahme, eben überall ter fallen, die Pflegenden dadurch Expertenstandards an das pflegeri-
wo Pflege in welcher Form auch im- selbstbewusster auftreten können. Sie sche Handeln und Wissen stellen und
mer stattfindet und die Expertenstan- lernen sich sicherer zu positionieren all die Probleme die Prozessverände-
dards umgesetzt werden müssen. und werden von den anderen Berufs- rungen mit sich bringen, mit den
Im Gespräch mit der Pflegedirektorin gruppen und auch den Patient*innen Wünschen und Bedürfnissen der
wurden zunächst die Erwartungen, und ihren Angehörigen ganz anders Pflegenden in Einklang zu bringen.
Wünsche und die Vorgehensweise wahrgenommen. Ich gebe gerne Gerade die Aspekte der Arbeitsver-
abgestimmt. So habe ich in den ers- mein Wissen weiter, diskutiere gerne, dichtung durch die kurzen Liegezei-
ten 6 Wochen auf allen Stationen stehe Rede und Antwort, bin für alles ten, Steigerung der Qualitätsansprü-
hospitiert, damit ich die Kolleginnen offen und versuche einen Bezug zum che, die zunehmende Schwere der
und Kollegen und ihre Arbeitsweisen, Alltag herzustellen. Aber natürlich bin Fälle, der Dokumentationsaufwand
Routinen und Abläufen kennen lerne. nicht in allen Fachbereichen breit auf- und dazu der chronische Personal-
Im Rahmen der Einsätze habe ich gestellt denn ich kenne meine fachli- mangel führen sicherlich nicht dazu,
auch nach den Bedarfen und mögli- chen Grenzen. Das ist aber auch gar dass alle glücklich strahlen und nur
chen Defiziten in Bezug auf die Exper- nicht unbedingt erforderlich, denn auf mich gewartet haben, dass ich mit
tenstandards geachtet, um dann fest- wir sind ein großes Team von pflegeri- Neuerungen um die Ecke komme.
zulegen mit welchem Standard ich schen Experten und Expertinnen aus Aber ich denke, dass das mit Neue-
beginne. den verschiedensten Fachbereichen, rungen und Veränderungen im Allge-
die mich mit ihrer Fachkompetenz meinen so ist und sicherlich im Be-
Die Wahl fiel auf den Expertenstan- unterstützen. sondern in der Pflege, da sie sehr in
dard Entlassungsmanagement, der Ritualen und alten Strukturen verhaf-
zusammen mit den Vorgaben des FgSKW: tet ist. Es braucht seine Zeit aber mit
Rahmenvertrags Entlassmanagement Wie waren für Sie die ersten 90 Tage in Geduld und dem Willen etwas zu ver-
evaluiert werden sollte. Meine Aufga- Ihrem neuen Job? ändern klappt es hoffentlich nach und
ben sind in diesem Zusammenhang nach. Im Laufe meiner vielen Berufs-
die Darlegung der Prozesse und Kom- Ungethüm: jahre habe ich viel Wissen und Erfah-
munikationsstrukturen, die Überar- Sehr anstrengend, nicht weil ich das rungen gesammelt und diverse
beitung der Verfahrensanweisung Arbeiten an sich nicht gewohnt bin Veränderungen und Neuerungen
und des Ablaufdiagramms, die Doku- aber weil eben so vieles, eigentlich mitgemacht oder initiiert und was ist
mentation und die Auffrischung von alles, neu war. Das Haus, so viele Flure noch so wie vor 40 Jahren? Ich denke
©FgSKW
Wissen zum Thema. mit noch mehr Türen auf mehreren weniges hat noch Bestand aus der
Etagen, aber auch das Miteinander,
Zeit als ich in der Pflege anfing. Nach
Als ANP ist es meine Aufgabe das die Kommunikation und Abläufe. wie vor bin ich sehr gerne in der Pfle-
theoretische Wissen in die Praxis zu Das schwierigste für mich waren die ge tätig und für die Pflegenden tätig
bringen. So suche ich u. a. nach vielen neuen Gesichter und Namen. und darum habe ich viel Freude daran
Lösungen für Probleme im pflegeri- Zum Glück fand das Hospitieren vor mein eigenes Wissen auf dem aktuel-
schen Alltag, entwickle Standards und Corona und der Maskenpflicht statt, len Stand zu halten und es an die
Verfahrensanweisungen zum Thema ansonsten hätte ich die vielen Augen- Kolleg*innen weiterzugeben.
und führe Schulungen für die Mitar- paare bestimmt nicht mehr auseinan-
beiter und Mitarbeiterinnen durch. der halten können. Mit einem Satz, bis FgSKW:
Auch für Probleme und Fragen die auf meine Freundin nichts Bekanntes Das hört sich nach einer großen Aufga-
sich im Nachhinein in der täglichen oder Vertrautes, und der Satz:„das be an. Wie sieht denn Ihre bisherige
Arbeit ergeben, bleibe ich die direkte machen wir wie immer“ brachte mich Laufbahn aus?
Ansprechpartnerin für die Kollegin- auch nicht weiter. Aber ich denke das
nen und Kollegen und versuche sie wird jedem/jeder so gehen beim Ungethüm:
so zu unterstützen. Arbeitgeberwechsel und ganz Lang ist sie meine berufliche Lauf-
bestimmt wenn dies nach über 40 bahn, die schon 1978 mit der Ausbil-
FgSKW: Jahren der Fall ist. Auf der anderen dung zur Krankenschwester als
Was werden Ihre Kolleginnen und Seite ist der unvoreingenommene Schwesternschülerin in der„großen“
Kollegen von Ihnen lernen? Blick ein Vorteil, da die Prozesse Krankenpflege, so nannte man das
sicherlich ganz anders bewertet damals, begann. Nach dem Examen
Ungethüm: werden und man offener für Verände- begann ich in der chirurgischen Am-
Ich hoffe, dass ich den Kolleg*innen rungen ist. bulanz, war die absolut Jüngste im
meine Begeisterung für neues Wissen Team und konnte viel von meinen
im Allgemeinen und die Experten- FgSKW: Kolleg*innen lernen, fachlich und
standards, den Nutzen und die An- Was würden Sie sagen macht Ihnen am menschlich, denn als„Einzelkämpfe-
wendung im Arbeitsalltag vermitteln Job am meisten Spaß und was ist die rin“ musste man sich oft in der stressi-
kann. Neben der Verbesserung der größte Herausforderung? gen Ambulanz behaupten.
prozesshaften Pflege bin davon über- 23 Jahre habe ich so wirklich gerne
zeugt, das Fachwissen für Sicherheit Ungethüm: gearbeitet, fühlte mich als die„gebo-
im täglichen Handeln sorgt, Entschei- Die größte Herausforderung ist rene“ Ambulanzschwester und konn-
dungen und Problemlösungen leich- sicherlich die Anforderungen die die te mir eigentlich nicht vorstellen
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