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Bis zu zwei Drittel der unkomplizierten Harnwegsinfekte heilen mit Wärme, Ruhe und viel Trinken aus
Informationsmaterial sowie Flyer für lobt Ildikó Gágyor. „Ohne sie wäre die gen zum Verordnungsverhalten zu
Patientinnen in fünf verschiedenen Studie in diesem Ausmaß gar nicht erhalten, so Prof. Dr. Jutta Bleidorn vom
Sprachen zur Verfügung gestellt. Das möglich gewesen, geschweige denn Uniklinikum Jena. Aus früheren Studi-
dritte Modul umfasste individuelles unser Erkenntnisgewinn.“ en ist bekannt, dass Feedback zum ei-
Feedback zur Verordnungspraxis nach genen Verordnungsverhalten relevant
jedem Quartal, Telefonberatungen und Reduktion von Zweitwahl-Antibio- ist, um Verordnungsverhalten zu verän-
ein Benchmarking, also der regelmäßi- tika um 10%-Punkte absolut in 12 dern oder positiv zu bestätigen.
ge Vergleich der individuellen Verord- Monaten übertroffen Im Rahmen der Prozessevaluation
nungsdaten mit denen anderer Praxen. schätzten die beteiligten Hausärztin-
Die Auswertung hat gezeigt, dass eine nen und Hausärzte die Interventions-
MFA aus 128 Praxen haben insge- komplexe Intervention die Verordnung module mehrheitlich als nützlich und
samt 10.323 Fälle anonymisiert von Zweitwahl-Antibiotika beim un- in der täglichen Routine anwendbar
komplizierten Harnwegsinfekt um 13
aggregiert erhoben ©FgSKW
ein. Schlussendlich gilt es auch die
Prozentpunkte reduziert.
An der durch den Innovationsfonds „Damit haben wir unseren anfangs Patientinnen zu informieren und zu
sensibilisieren, was symptomatische
des Gemeinsamen Bundesausschusses formulierten Endpunkt um 3 Prozent- Behandlungsmöglichkeiten mit ausrei-
geförderten Studie RedAres beteiligten punkte übertroffen“, kommentiert chend Trinken und gegebenenfalls
sich insgesamt 128 Praxen aus fünf Ildikó Gágyor. Zudem haben wir weni- mit Schmerzmitteln oder pflanzlichen
Regionen Deutschlands, nämlich ger wiederkehrende Harnwegsinfek- Mitteln betrifft, aber auch welche Anti-
Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, tionen in der Interventionsgruppe biotika der ersten Wahl für sie in Frage
Brandenburg und Thüringen. Neben verzeichnet als in der Kontrollgruppe, kommen.
dem Uniklinikum Würzburg, das mit 43 in der möglicherweise aufgrund einer
aufgenommenen Studienpraxen den erhöhten Verschreibung von Breit- *Für den Harnwegsinfekt gibt es zwei
größten Anteil hatte, rekrutierten die bandantibiotika mehr Resistenzen relevante nahezu identische S3-Leitlini-
Institute für Allgemeinmedizin der und entsprechend mehr Rezidive en: die Leitlinie der Deutschen Gesell-
Unikliniken in Freiburg und Jena sowie entstanden sind.“ schaft für Allgemeinmedizin (DEGAM)
die Charité in Berlin. Die Universität „Brennen beim Wasserlassen” sowie die
Bremen war ebenfalls ein wichtiger Interventionsmodule nutzbar und in „S3-Leitlinie Epidemiologie, Diagnostik,
Projektpartner und zeichnete für die der täglichen Routine anwendbar Therapie, Prävention und Management
Pilotierung verantwortlich. In die finale unkomplizierter, bakterieller, ambulant
Analyse, die vom Institut für klinische Was bedeuten die Ergebnisse für die erworbener Harnwegsinfektionen bei
Epidemiologie und Biometrie der Uni- Routineversorgung? Eine einfache In- erwachsenen Patienten” der Deutschen
versität Würzburg durchgeführt wurde, tervention ließe sich gut in die tägliche Gesellschaft für Urologie (DGU).
flossen die Daten von 110 Praxen ein. Routine integrieren, zum Beispiel in-
Davon nahmen 57 Praxen an der Inter- dem die regionalen Resistenzdaten bei **Die regionalen Resistenzdaten des
vention teil, 53 Praxen waren in der der Antibiotika-Verordnung einbezo- Robert Koch-Instituts sind offen für alle
Bild: Christoph Müller / UKW aggregiert werden. Quartal eine automatisierte Auswer- fen werden: https://www.ukw.de/reda-
gen werden, meint Alexandra Greser.
Kontrollgruppe. Insgesamt konnten
Bundesländer und können hier abgeru-
Oder die Behandelnden erhalten jedes
10.323 Fälle in anonymisierter Form
res-projekt/informationsmaterialien-
tung der Verschreibungsdaten. „Wir
fuer-kontrollpraxen/
„Hier gilt ein großer Dank den Medizi-
haben in der Studie gelernt, dass die
nischen Fachangestellten, die für uns
Ärztinnen und Ärzte es durchaus hilf-
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
per Hand die Daten erhoben haben“,
Nr. 171 · 12/2023
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Presseinformation reich fanden, regelmäßig Rückmeldun- Ildikó Gágyor: gagyor_i@ukdw.de 9

