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Tumor-Erkennung und die Lebensqualität von



          Katheter-Trägern: Was Altersmediziner von der


          Urologie wissen müssen


          Neue Lösungen für alte urologische Probleme: Blut im Urin, Schmerzen beim Wasserlassen oder
          Schließmuskelprobleme sind insbesondere im hohen Alter medizinisch abzuklären.„Manchmal lässt
          sich ein Harnwegsproblem mit gezielter Physiotherapie beheben – bei einem Teil der Fälle liegt aber
          eine Tumorerkrankung vor, die sofort behandelt werden muss“, erklärt Professor Andreas Wiedemann,

          Chefarzt für Urologie am Evangelischen Krankenhaus Witten. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse
          helfen jetzt dabei, noch gezielter zu therapieren und Medikamente besser abzustimmen. Darüber
          hinaus kann auch die Lebensqualität der Betroffenen gesteigert werden.






                 iedemann setzt sich dafür ein,  auch unter den Untersuchungsteilneh-  schränkungen untersucht. Bei jedem
                 dass sich Urologie und Geria-  merinnen keine eindeutige Präferenz“.  vierten von ihnen konnten wir einen
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          Wtrie enger verzahnen und in       Die Wissenschaftler haben bei 427 Pro-  Tumor erkennen“, erklärt Wiedemann.
          Notfällen die Expertinnen und Exper-  banden beispielsweise geschaut, wie  „Das sind wichtige Anhaltspunkte für
          ten in sogenannten Kontinenz-Boards  sich das Leben mit Blasenkatheter hin-  die zukünftige medizinische Versor-
          zusammenarbeiten.                  sichtlich des Wohlbefindens, Hautirrita-  gung.“ Grundlage zur Erkennung dieser
                                             tionen, Geruch, Nässe, Infektionen  Risikofaktoren ist das sogenannte ISAR-
          Wiedemann sieht sich als einer der ers-  oder auch Sexualität und Sturzgefähr-  Screening – das steht im Englischen
          ten Uro-Geriater in Deutschland.   dung insbesondere bei älteren Patien-  für Identification of Seniors at risk –
          Mit seiner Professur an der Universität  tinnen und Patienten entwickelt.  an dem das Team von Andreas Wie-
          Witten/Herdecke vereint er das Wissen  „Erfreulicherweise war weder eine zu-  demann forscht. Dabei geht es im We-
          aus zwei medizinischen Welten:     sätzliche Gefährdung noch eine beson-  sentlichen um einen Fragebogen, der
          Wiedemann forscht und lehrt zu viel-  ders ausgeprägte Beeinträchtigung  schlussendlich darüber Auskunft gibt,
          fältigen Themen an der Schnittstelle  festzustellen, die für oder gegen eine  ob betroffene hochaltrige Patientinnen
          von Urologie und Geriatrie. Zuletzt  bestimmte Katheter-Variante spräche“,  und Patienten bei der Krankenhausent-
          untersuchten er und sein uro-geriatri-  sagt Wiedemann. Gleiches gilt für Ka-  lassung zusätzliche Hilfe benötigen.
          sches Team die Lebensqualität von  theter mit zusätzlichem Auslassventil:  Hier werden fortlaufend Daten ausge-
          Menschen, die lebenslang einen Kathe-  „Wir dachten immer, unseren Patientin-  wertet zu der Frage, welche Aussagen
          ter tragen müssen.„Anders als erwartet  nen und Patienten damit etwas Gutes  dieses geriatrische Assessment für die
          haben wir herausgefunden, dass fast  zu tun. Tatsächlich aber gibt es durch  urologische Praxis hat.„Wir haben hier
          alle Betroffenen kaum einen Unter-  diese Ventilversorgung keinen nen-  Zusammenhänge zwischen Makrohä-
          schied zwischen einem Harnröhren-  nenswerten Vorteil in puncto Lebens-  maturie und Hilfebedarf belegen kön-
          und einem Bauchdeckenkatheter aus-  qualität“, erklärt Wiedemann.    nen. Nun geht es uns noch darum, zu
          machen“, so Wiedemann. Viele Medizi-                                 erkennen, wie und wann es zum Blut
          ner waren bisher davon ausgegangen,  Neue Erkenntnisse: ISAR-Screening,  im Urin kommt und welche Rolle blut-
          dass ein Bauchdeckenkatheter eine  Sturzrisiken und Makrohämaturie   verdünnende Mittel dabei spielen“,
          bessere Lebensqualität mit sich bringt.                              sagt Wiedemann.
          Das sei nicht der Fall.            Darüber hinaus gibt es neue Erkennt-
                                             nisse über die Häufigkeit von Tumorer-  Ausgezeichnete Arbeit: Nebenwir-
          „Zwar entscheiden sich Frauen eher  krankungen der Harnorgane.„Wir ha-  kungen von Medikamenten gegen
          gegen die Bauchdecken-Variante, weil  ben 300 älteren Patientinnen und Pati-  Harninkontinenz
          einige Betroffene weiterhin Urin verlie-  enten mit Blut im Urin sowie mindes-
          ren und durch Schließmuskelprobleme  tens zwei weiteren Risikofaktoren wie  Von der Deutschen Kontinenz Gesell-
          untenherum nass werden. Aber es gibt  Multimorbidität und kognitiven Ein-  schaft ausgezeichnet wurde Andreas


          Presseinformation                           Zurück zum Inhaltsverzeichnis               Nr. 157 · 10/2022  2
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